Arbeitslosigkeit in Spanien – Rechte und Pflichten für Arbeitnehmer
Was passiert, wenn der Arbeitgeber kündigt? Welche Ansprüche habe ich auf Arbeitslosengeld, und wie lange? Und was gilt es zu beachten, um keine Sperre zu riskieren? Dieser Überblick erklärt die wichtigsten Punkte für Residenten – klar, verständlich und ohne juristischen Fachjargon. (Hinweis: Diese Informationen ersetzen keine Rechtsberatung. Bei konkreten Fällen solltest Du Dich an eine unabhängige Gestoría oder einen spezialisierten Abogado laboral wenden.)
1) Kündigung in Spanien – was erlaubt ist
Ein Arbeitgeber darf Dich nur unter bestimmten Voraussetzungen entlassen:
- Disziplinarische Kündigung – bei schwerem Fehlverhalten, fristlos und ohne Abfindung.
- Wirtschaftliche Kündigung – wenn die Firma nachweislich Stellen abbauen muss. Hier steht Dir in der Regel eine Abfindung zu.
- Ordentliche Kündigung – bei unbefristeten Verträgen mit Begründung und Abfindung.
Abfindung (indemnización): Sie richtet sich nach Vertragsart und Dauer der Beschäftigung. Typisch sind 20 bis 33 Tage Gehalt pro Arbeitsjahr, gedeckelt auf eine bestimmte Höchstgrenze.
2) Erste Schritte nach der Kündigung
Nach der Kündigung musst Du Dich bei zwei Stellen melden:
- SOIB (Servei d’Ocupació de les Illes Balears) – regionale Arbeitsvermittlung, hier meldest Du Dich als arbeitssuchend.
- SEPE (Servicio Público de Empleo Estatal) – nationale Arbeitsagentur, hier stellst Du den Antrag auf Arbeitslosengeld.
Reihenfolge: Erst beim SOIB registrieren, dann den Antrag beim SEPE stellen. Wichtig: Frist von 15 Werktagen nach der Kündigung beachten!
3) Anspruch auf Arbeitslosengeld (prestación contributiva)
- Voraussetzung: mindestens 360 Tage Beitragszeit in den letzten 6 Jahren.
- Dauer: abhängig von der Zahl der eingezahlten Monate (max. 24 Monate).
- Höhe: ca. 70 % der Beitragsbasis in den ersten 6 Monaten, danach 60 %.
3a) Wann fließt das erste Geld?
Auch wenn der Antrag rechtzeitig gestellt wurde, bedeutet das nicht, dass das Geld sofort auf dem Konto ist. In der Praxis verzögert sich die erste Zahlung fast immer um mindestens einen Monat.
- Prüfung: Jeder Antrag wird vom SEPE einzeln geprüft, bevor Geld ausgezahlt wird.
- Zahlungstermine: Das SEPE zahlt grundsätzlich um den 10. des Monats. Wer seinen Antrag kurz vor diesem Stichtag stellt, muss bis zum nächsten Zahlungslauf warten.
- Doppelzahlung: Liegt der Antrag zu nah am Zahltag, werden die Leistungen für zwei Monate gesammelt erst am 10. des Folgemonats überwiesen.
- Begründung: Offiziell argumentiert das SEPE, dass die Abfindung des Arbeitgebers als Übergang dient und die Verzögerung damit sozial verträglich sei.
Praxis-Tipp: Plane immer eine Überbrückung von mindestens einem Monat ein, bevor die erste Leistung kommt – auch wenn Du sofort alle Fristen einhältst.
4) Wann kein Anspruch besteht
- Bei Eigenkündigung – freiwillige Kündigung führt nicht zu Arbeitslosengeld.
- Bei Kündigung durch eigenes Verschulden (z. B. schweres Fehlverhalten).
- Wenn nicht genügend Beitragsmonate eingezahlt wurden.
- Wenn die Fristen versäumt werden (z. B. verspätete Meldung beim SOIB oder SEPE).
5) Sperren und Sanktionen
- Sperrzeiten: können verhängt werden, wenn man selbst schuldhaft gekündigt wurde oder Pflichten verletzt.
- „Stempeln“: Wer den Stichtag zur Bestätigung seiner Arbeitssuchend-Meldung beim SOIB versäumt, riskiert den Verlust der Leistungen.
- Jobangebote: Das Ablehnen zumutbarer Stellen oder Kurse kann ebenfalls zu Sanktionen führen.
6) Pflichten während der Arbeitslosigkeit
- Regelmäßig beim SOIB „stempeln“ (confirmar la demanda).
- Termine wahrnehmen, an Kursen oder Schulungen teilnehmen.
- Änderungen (z. B. Adresse, Nebenjob, Familiensituation) sofort melden.
7) Zuverdienst – was ist erlaubt?
Grundsätzlich gilt: Jeder Zuverdienst muss gemeldet werden. Ansonsten drohen Rückforderungen und Sanktionen.
- Während des Arbeitslosengeldes (prestación contributiva):
- Teilzeitbeschäftigung: Arbeitslosengeld wird anteilig gekürzt, läuft aber weiter.
- Vollzeitbeschäftigung: Arbeitslosengeld wird eingefroren und kann nach Ende des Arbeitsverhältnisses weiterlaufen. - Während der Arbeitslosenhilfe (subsidio):
- Hier gilt eine Einkommensgrenze: maximal 75 % des SMI (Mindestlohns). Wer mehr verdient, verliert den Anspruch. - Selbstständigkeit (autónomo):
- In bestimmten Fällen kann man Arbeitslosengeld als Startkapital (pago único) auszahlen lassen.
- Oder man kombiniert eine reduzierte Leistung mit Selbstständigkeit – allerdings nur befristet und mit Genehmigung.
8) Nach 2 Jahren – was dann?
Nach 24 Monaten endet die prestación contributiva automatisch. Dann kommen nur noch Anschlussleistungen in Frage:
- Subsidio por desempleo: Arbeitslosenhilfe für bestimmte Gruppen (über 45-Jährige, Familien mit Kindern, Einkommensschwache). Fester Satz, ca. 480 € monatlich, zeitlich begrenzt.
- RAI (Renta Activa de Inserción): für Langzeitarbeitslose über 45, Menschen mit Behinderung oder Opfer häuslicher Gewalt. Ebenfalls ca. 480 € monatlich, max. 11 Monate, bis zu 3 Mal im Leben.
- Ingreso Mínimo Vital (IMV): staatliche Grundsicherung für Personen oder Familien mit sehr geringem Einkommen und Vermögen. Höhe richtet sich nach Haushaltsgröße.
- Sozialhilfe der Gemeinden: manche Rathäuser oder der Consell de Mallorca bieten ergänzende Hilfen (Lebensmittelkarten, Mietzuschüsse).
9) Praxistipps für Residenten
- Kündigung immer schriftlich bestätigen lassen – wichtig für SEPE.
- Abfindung prüfen: Sie muss im letzten Gehalt mitausgezahlt werden.
- Fristen beachten: Innerhalb von 15 Werktagen nach Kündigung beim SOIB melden.
- Alle Unterlagen (Vertrag, nóminas, vida laboral) sorgfältig aufbewahren.
- Nebenjobs oder Teilzeit immer sofort melden, um Sperren zu vermeiden.
- Erste Zahlung nicht sofort erwarten: SEPE zahlt immer zum 10. des Monats, Verzögerungen sind normal.
Fazit
Arbeitslosigkeit in Spanien bedeutet: Fristen einhalten, Pflichten ernst nehmen und Leistungen genau prüfen. Wer sich rechtzeitig beim SOIB anmeldet, die Regeln zum Zuverdienst beachtet und seine Unterlagen ordentlich führt, kann böse Überraschungen vermeiden. Nach zwei Jahren endet das reguläre Arbeitslosengeld – dann kommen nur noch spezielle Hilfen in Frage, die an strenge Voraussetzungen gebunden sind.
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