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Selbstständigkeit
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Selbständigkeit in Spanien – der Weg zum Autónomo
In Spanien ist der Weg in die Selbständigkeit erstaunlich einfach. Jeder, der meint, er könne etwas verkaufen oder eine Dienstleistung anbieten, kann sich als autónomo anmelden. Doch gerade auf Mallorca zeigt sich schnell: Einfach gründen heißt nicht automatisch erfolgreich sein. Viele Auswanderer unterschätzen den Markt, die Konkurrenz und die laufenden Verpflichtungen.

1) Einfache Gewerbeanmeldung

Im Vergleich zu Deutschland sind die Einstiegshürden niedrig. Für die Anmeldung als autónomo reicht ein Gang zum Finanzamt (Hacienda) und zur Sozialversicherung:

  • Modelo 036/037 bei der Hacienda einreichen (Steuernummer und Tätigkeit anmelden).
  • Registrierung bei der Seguridad Social (Sozialversicherung).
  • Ab dann gilt man offiziell als selbständig – ohne Nachweise über Ausbildung oder Fachwissen.

Ein deutscher Meisterbrief oder andere Qualifikationen spielen hier keine Rolle. Das erstaunt viele, die aus streng regulierten Branchen in Deutschland kommen.

2) Regulierte Tätigkeiten

Ganz ohne Regeln ist es aber nicht. In bestimmten Bereichen sind zusätzliche Zulassungen vorgeschrieben:

  • Bau, Elektro, Sanitär: Eintragung bei der Industria, Nachweis über Geräte, Versicherungen, ggf. Homologation von Abschlüssen, um offiziell auf Baustellen arbeiten oder Bescheinigungen (Boletines) ausstellen zu dürfen.
  • Gesundheit und Soziales: Strenge Regulierung, nur mit anerkannter Qualifikation möglich.
  • Gastronomie: Bar oder Restaurant erfordern Genehmigungen der Gemeinde, Hygienestandards und oft zusätzliche Auflagen.
  • Immobilien: Theoretisch kann jeder Makler werden – praktisch ist es ein stark umkämpfter Markt mit mächtigen Playern und informellen Netzwerken.

3) Die Illusion vom großen Erfolg

Realitätscheck: Viele Auswanderer träumen davon, auf Mallorca ein Café zu eröffnen oder als Immobilienmakler reich zu werden. Doch die Realität ist hart: Der Markt ist gesättigt, die Konkurrenz groß, und oft haben selbst etablierte Unternehmer Mühe, zu bestehen. Wer neu kommt, muss sich gegen ein eingespieltes Netz aus Einheimischen behaupten – und die setzen meist auf persönliche Kontakte oder Familienbetriebe. Ein deutscher Titel oder Ausbildung überzeugt hier niemanden automatisch.

Ein beliebter Spruch fasst es treffend zusammen: „Wer in Spanien ein kleines Vermögen machen möchte, sollte ein großes mitbringen.“ Die niedrigen Einstiegshürden führen dazu, dass viele zu optimistisch starten – und ihr Geld schneller verbrennen, als ihnen lieb ist.

4) Pflichten als Autónomo

So einfach der Start auch ist – die laufenden Pflichten sind strikt:

  • Sozialabgaben: Monatliche cuota de autónomos (Mindestbeitrag, Stand 2025: ca. 230–300 €, einkommensabhängig).
  • Steuern:
    • IVA (Mehrwertsteuer): quartalsweise Erklärung und Abführung.
    • IRPF (Einkommensteuer-Vorauszahlung): ebenfalls quartalsweise.
    • Jährliche Einkommensteuererklärung (declaración de la renta).
  • Buchführung: Rechnungen stellen, Belege sammeln, alles korrekt dokumentieren.

5) Vorteile

  • Einfache Gründung, ohne große Bürokratie.
  • Hohe Flexibilität, sofortige Aufnahme von Tätigkeiten möglich.
  • Keine Pflicht zur Gründung einer Gesellschaft – Einzelunternehmer reicht.

6) Risiken und Fallstricke

  • Fixkosten durch Sozialabgaben, auch wenn kein Umsatz erzielt wird.
  • Harte Steuerkontrollen – wer falsch abrechnet, riskiert hohe Strafen.
  • Absicherung:
    • Krankenversicherung: Wer eine NIE hat und bei der Seguridad Social gemeldet ist, bleibt krankenversichert – auch bei Beitragsschulden.
    • Rente: Anspruch entsteht nur, wenn ausreichend Beiträge gezahlt wurden und keine Rückstände bestehen.
    • Arbeitslosigkeit: Autónomos haben normalerweise keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld (paro), außer mit freiwilliger Zusatzversicherung (cese de actividad).
  • Überschätzung des Marktes: Ohne Netzwerke und lokale Kontakte ist es extrem schwer, Fuß zu fassen.

7) Praxisbeispiel

Ein deutscher Elektroinstallateur meldete seine Selbständigkeit in Spanien an. Zur Anmeldung brauchte er weder seinen Gesellenbrief noch seinen Nachweis bei der Industria. Er war überrascht, wie leicht der Schritt war – im Gegensatz zu Deutschland, wo ohne Meisterbrief und IHK-Eintragung nichts geht. Doch für offizielle Arbeiten auf Baustellen musste er später zusätzliche Nachweise und Versicherungen vorlegen. Fazit: Der Start ist leicht, aber wer professionell arbeiten will, muss die Regeln seiner Branche genau kennen.

8) Die Rolle des Gestor

Wer sich in Spanien selbständig macht, sollte sich unbedingt einen zuverlässigen Gestor suchen. Der Gestor übernimmt die Kommunikation mit Finanzamt (Hacienda), Gemeinde und Sozialversicherung, erledigt Steuererklärungen und sorgt für die formale Abwicklung. Ohne professionelle Hilfe verliert man hier schnell den Überblick.

Doch Vorsicht: Nicht jeder Gestor arbeitet gewissenhaft. Es gibt schwarze Schafe, die unklare oder fehlerhafte Angaben machen. Und am Ende trägt der Autónomo immer selbst die Verantwortung für alles, was bei den Behörden eingereicht wird.

  • Unterschrift: Alle Dokumente und Steuererklärungen werden im Namen des Selbständigen unterschrieben – damit bestätigt er auch die Richtigkeit der Angaben.
  • Risiko: Wenn der Gestor Fehler macht, kann er sich oft leichter aus der Verantwortung ziehen, als es dem Unternehmer lieb ist.
  • Verträge: Selbst mit einem ordentlichen Vertrag ist es schwer, Schadenersatz durchzusetzen. Viele Gestorías arbeiten zudem eng mit Anwälten zusammen, die die rechtliche Situation genau kennen.

Praxis-Tipp: Einen Gestor nicht nach dem günstigsten Preis auswählen, sondern nach Erfahrung und Empfehlungen. Ein guter Gestor spart langfristig Geld und Nerven – ein schlechter kann teuer werden.

Fazit

Selbständigkeit in Spanien ist einfach zu beginnen – doch das Überleben im Markt ist die eigentliche Herausforderung. Viele unterschätzen die Konkurrenz, die Fixkosten und die Abhängigkeit von lokalen Netzwerken. Wer langfristig bestehen will, sollte sich nicht nur von niedrigen Einstiegshürden blenden lassen, sondern mit realistischen Erwartungen starten, Rücklagen einplanen und sich intensiv mit den gesetzlichen Pflichten auseinandersetzen. Und vor allem: Einen guten Gestor an seiner Seite haben.

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