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Arbeitsverträge
Arbeitsverträge

Beruf und Arbeit auf Mallorca – Arbeitsverträge verstehen
Ein Job auf Mallorca klingt für viele Residenten nach dem großen Schritt in ein neues Leben. Doch sobald der erste Arbeitsvertrag auf dem Tisch liegt, wird es schnell kompliziert. Spanische Verträge unterscheiden sich deutlich von deutschen – und sind für Neulinge oft undurchsichtig. Hier bekommst Du einen Überblick, was Dich erwartet und worauf Du achten solltest. (Hinweis: Diese Informationen sind keine Rechtsberatung, sondern dienen der Orientierung. Für konkrete Fälle wende Dich bitte an einen spezialisierten Abogado laboral oder eine unabhängige Gestoría.)

1) Arten von Arbeitsverträgen in Spanien

Das spanische Arbeitsrecht kennt verschiedene Vertragstypen. Für Residenten ist es wichtig zu wissen, wie diese einzuordnen sind:

  • Contrato temporal – befristet, zum Beispiel für Saisonarbeit oder Projekte. Üblich in Tourismus und Gastronomie.
  • Contrato indefinido – unbefristet, gilt als Standard und bietet mehr Kündigungsschutz. Viele Arbeitnehmer beginnen jedoch erst mit befristeten Verträgen.
  • Contrato de prácticas / formación – für Auszubildende und Berufseinsteiger, oft mit reduzierten Löhnen.

Häufig läuft es so ab: erst Probezeit, dann Verlängerung eines Zeitvertrags, bevor irgendwann der unbefristete Vertrag unterschrieben wird.

2) Kategorien und Stellenbezeichnungen

Ein besonderes Merkmal spanischer Verträge sind die Kategorien, in die ein Arbeitnehmer eingestuft wird. Sie entscheiden über Grundgehalt, Sozialversicherungsbeiträge und spätere Renten- oder Arbeitslosengeldansprüche.

  • Peón – Hilfsarbeiter, niedrigste Einstufung
  • Oficial de primera – Facharbeiter mit höherer Einstufung
  • Administrativo – Angestellte im Büro
  • Técnico / instalador – je nach Branche weitere Bezeichnungen

Wichtig: Die mündliche Zusage des Arbeitgebers („Du wirst als Oficial eingetragen“) zählt nicht – nur das, was im Vertrag steht.

2a) Ausbildung und Anerkennung von Abschlüssen

Für die Einstufung in eine bestimmte Kategorie (z. B. oficial de primera) reicht es nicht, im Herkunftsland einen Abschluss zu haben. Ein deutscher Gesellenbrief oder Meistertitel mag für einen deutschen Arbeitgeber auf Mallorca überzeugend sein – für den spanischen Arbeitsvertrag zählt er jedoch nicht automatisch.

  • Homologación: Ausländische Berufsabschlüsse müssen in Spanien offiziell anerkannt werden. Dieses Verfahren läuft zentral über das Bildungsministerium in Madrid.
  • Dauer: Die Bearbeitung kann mehrere Monate bis hin zu einem Jahr dauern. In dieser Zeit wird man im Vertrag meist nur als peón eingestuft.
  • Industrie- und Handelskammern: In bestimmten Berufen ist zusätzlich eine Eintragung bei der zuständigen Behörde (Industria) notwendig, z. B. um eine Tarjeta de instalador zu erhalten.

Wichtig: Erst wenn die Homologation abgeschlossen und – falls erforderlich – die Eintragung bei den Kammern erfolgt ist, kann man vertraglich korrekt als Facharbeiter oder Spezialist eingestuft werden.

3) Gehalt und Löhne

Anders als in Deutschland, wo man das Bruttogehalt nennt, werden in Spanien meist Nettolöhne angegeben. Das sorgt regelmäßig für Verwirrung.

  • Salario base – Grundgehalt laut Vertrag
  • Complementos – Zuschläge, Zulagen, Gefahrenzulage, Schichtarbeit etc.
  • Salario Mínimo Interprofesional (SMI): gesetzlicher Mindestlohn, wird jährlich neu festgelegt

Bei Teilzeitverträgen kann der Eindruck entstehen, dass man „Vollzeit arbeitet“, während nur ein Teil offiziell angemeldet ist. Das hat direkte Folgen bei Krankheit, Arbeitslosigkeit oder Rente.

4) Steuern und Abgaben

Auf der Gehaltsabrechnung tauchen zwei wichtige Posten auf:

  • IRPF – Einkommensteuerabzug. Prozentual abhängig von Gehalt, Familiensituation, Kindern. Wird er zu niedrig angesetzt, drohen hohe Nachzahlungen bei der Steuererklärung.
  • Seguridad Social – Sozialabgaben, die Renten- und Arbeitslosengeldansprüche sichern.

Viele Arbeitnehmer merken erst bei der Steuererklärung oder beim Antrag auf Arbeitslosengeld, wie ihr Vertrag tatsächlich eingestuft war.

5) Fallbeispiel aus der Praxis

So ist es schon passiert:
Ein Resident unterschrieb in seiner Anfangszeit auf Mallorca einen Vertrag über 20 Stunden – in der Annahme, es sei ein Vollzeitvertrag. Er arbeitete tatsächlich 40 Stunden und mehr, bekam sein Geld pünktlich: ein Teil überwiesen, ein Teil bar. Alles schien in Ordnung, bis er arbeitslos wurde. Beim Antrag auf Arbeitslosengeld kam das böse Erwachen: Anspruch gab es nur auf 80 % der offiziell eingetragenen 20 Stunden. Ergebnis: knapp 400 € monatlich, obwohl er zuvor rund 3.000 € netto verdiente. Zusätzlich stellte sich heraus, dass er als peón gemeldet war, obwohl man ihm gesagt hatte, er sei oficial de primera. Erst da wurde klar, welche Folgen die Einstufung wirklich hatte.

6) Häufige Fallstricke

  • Teilzeitvertrag, Vollzeitarbeit: Ein Teil wird schwarz gezahlt → weniger Rechte bei Kündigung oder Rente.
  • Falsche Kategorie: Eingetragen als Hilfsarbeiter statt Facharbeiter → geringere Beiträge, schlechtere Absicherung.
  • Zu niedriger IRPF: Kurzfristig mehr Netto, langfristig Nachzahlung an das Finanzamt.
  • Überstunden: oft nicht vertraglich geregelt, werden bar ausgezahlt → offiziell nicht abgesichert.

7) Was Du beachten solltest

  1. Arbeitsvertrag genau lesen – vor allem Stundenanzahl und Kategorie.
  2. Gehaltsabrechnung (nómina) prüfen und ablegen.
  3. IRPF realistisch ansetzen lassen (bei 2 % fast immer Nachzahlung!).
  4. Im Zweifel eine unabhängige Gestoría oder einen Abogado laboral einschalten – nie blind auf die des Arbeitgebers verlassen.
  5. Wissen: Was im Vertrag steht, gilt – nicht das, was „inoffiziell“ vereinbart wird.

8) Selbstständigkeit – ein eigenes Kapitel

Viele Residenten entscheiden sich irgendwann, als autónomo (Selbstständige/r) zu arbeiten. Das bringt neue Herausforderungen: Mindestbeiträge zur Seguridad Social, Rechnungsstellung, Steuervorauszahlungen (IVA, IRPF). Dieses Thema ist so komplex, dass es einen eigenen Artikel verdient – hier nur als Ausblick erwähnt.

Fazit

Arbeitsverträge in Spanien sind oft schwer durchschaubar – vor allem für Neulinge aus Deutschland. Wer die Unterschiede kennt (Nettoangaben, Kategorien, Vertragstypen, Anerkennung von Abschlüssen), ist besser vorbereitet und fällt nicht auf Tricks herein. Ein genauer Blick in den Vertrag schützt Dich vor bösen Überraschungen – sei es beim Arbeitslosengeld, bei der Steuer oder später bei der Rente.

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